Andre Geim und Konstantin Novoselov erhielten 2010 den Nobelpreis für Physik für ihre Forschung über Graphen - eine zweidimensionale Kristallstruktur, die aus nur einer atomaren Kohlenstoffschicht besteht. Während ihrer Forschungsarbeit entdeckten sie außergewöhnlichen mechanischen und elektrischen Eigenschaften – Es ist wesentlich stärker als Stahl und trotzdem sehr dehnbar; es hat eine sehr hohe thermische und elektrische Leitfähigkeit; und es weist, wie sie Mithilfe eines hohen Magnetfeldes beobachten konnten, einen ungewöhnlichen fraktionellen Quantum-Hall-Effekt und eine exotische Art des Tunneleffekts auf. [1]
Genauso wie die Forschungsarbeit über Graphen, die Geim und Novoselov den Nobelpreis für Physik einbrachte, wären viele bahnbrechende Forschungsprojekte nicht ohne Labore mit hohen Magnetfeldern möglich.
Die Forschungserfolge in Werkstoffkunde, Chemie, Biologie und Physik, die durch die Verwendung von hohen Magnetfeldern erzielt wurden und werden, haben einen großen Einfluss auf das Gesundheitswesen und Technologie im Allgemeinen. Hohe Magnetfelder werden auch in Teilchenbeschleunigern, wie zum Beispiel dem Large Hadron Collider (LHC) am CERN, genutzt.
Zusammen mit den Magnetlaboren in Grenoble, Dresden und Toulouse ist das High Field Magnet Laboratory der Radboud Universität in Nijmegen Teil des Europäischen Magnetlabors. Es gibt weltweit nur ein paar Labore, in denen Forschung mit hohen Magnetfeldern betrieben werden kann.
Zum Vergleich: Das Magnetfeld der Erde liegt im Bereich von 30 bis 60 Mikrotesla – Somit wird das Magnetfeld des neuen Magneten 106 mal stärker sein als das Magnetfeld, welches uns unter anderem vor Sonnenwinde schützt. Ein typischer MRI-Magnet generiert ein Magnetfeld von ca. 2 bis 3 Tesla.
Da noch nichts Vergleichbares existiert, muss der Magnet von Grund auf entwickelt und gebaut werden. Hieran sind Experten aus der ganzen Welt und aus unterschiedlichsten Disziplinen beteiligt. Dieser neue 45 Tesla starker Hybridmagnet benötigt eine Menge Equipment, um sicher betrieben werden zu können. Wenn etwas während des Betriebes schiefgeht, dann könnte der Magnet Schaden nehmen – Ein Fehler, der etwa 10 Millionen Euro kosten würde.
Der Magnet, der im High Field Magnet Laboratory entwickelt wird, ist ein Hybridmagnet. Dieser besteht aus einem inneren nicht-supraleitenden Elektromagneten, der ein Magnetfeld von etwas über 32,8T erzeugt, und einem äußeren supraleitenden Magneten, der ein Magnetfeld von 12,3T erzeugt. Der innere nicht-supraleitenden Magnet wird mit 10kA und der äußere supraleitende Magnet mit 20kA betrieben.
Die beiden Magnete werden gemeinsam genutzt, um ein Magnetfeld von etwa 45T zu generieren. Die dafür benötigte Menge an Strom resultiert in einem sehr hohen Energiebedarf – nicht nur in Bezug auf den benötigten Strom, um das Magnetfeld zu erzeugen, sondern auch in Bezug auf den Strom, um das das Kühlungssystem mit Energie zu versorgen und den Magneten betriebsbereit zu halten.
Ein Supraleiter wird erst supraleitend, wenn das dementsprechende Material auf einer extrem niedrigen Temperatur gehalten wird. Unter diesen Bedingungen kann der Strom ohne Widerstand (R=0) fließen und die Spannung ist null (Das Ohmsche Gesetz besagt, dass V=I*R und somit V=I*0=0). Allerdings können thermische Expansionen, mechanische Veränderungen, Materialmängel, Stromstöße, Fehler im Kühlungssystem und selbst Strahlung Wärmeenergie erzeugen, wodurch die Temperatur lokal ansteigen könnte. Dies würde dazu führen, dass das Material nicht mehr im supraleitenden Zustand (V=0) verweilen kann und in den Normalzustand (V!=0) übergeht. Bei diesem Übergang geht die Verlustleistung von I*V=0 nach I*V!=0, welche als Wärmeenergie an die umliegenden Atome abgeführt wird. Dadurch entsteht ein lokaler und sich exponentiell ausbreitender Temperaturanstieg.
Dieser unkontrollierte Prozess erzeugt sehr schnell Temperaturen, die zu irreparablen Schäden an einem System führen, welches 100 Millionen Euro kostet. Dieses Phänomen wird als „Quench“ bezeichnet und gehört nun einmal zum Betrieb eines supraleitenden Elektromagneten – Ein Quenchdetektionssystem ist somit unerlässlich.
Quenchdetektionssysteme überwachen sehr kleinen Spannungsänderungen in verschiedenen Bereichen des supraleitenden Materials. In dem Fall einer abnormale Spannungsänderung greift ein Sicherheitssystem ein, um die Stromversorgung schnell abzuschalten und eine Ausbreitung des Quenches und irreparable Schäden zu verhindern.
Zu diesem Zweck hat sich VI Technologies dazu entschieden, um ein National Instruments cRIO 9040 mit integriertem FPGA zu verwenden. Das FPGA wird dazu genutzt, um die Spannung an verschiedenen Stellen in der supraleitenden Spule zu messen. Das Signal/Rausch-Verhältnis ist relativ klein, wodurch ein gewisses Maß an Filterung nötig ist, um die Spannungswerte, die auf einen Quench hinweisen, präzise erfassen zu können. Dieser Aspekt der Software wird zur Zeit noch entworfen, da der Magnet selbst sich auch noch in der Entwicklungsphase befindet. Die FPGA-Software muss deshalb modular entworfen werden, um flexibel die Filterung und die Parameter des Quenchdetektionsalgorithmus ändern zu können.
„Die Verwendung des FPGAs ermöglicht Flexibilität. Anstelle von der Notwendigkeit, um die Leiterplatte rund um den Detektionsschaltkreis jedes Mal neu zu entwerfen und zu drucken, wenn wir die Filterung geändert haben, brauchen wir beim FPGA nur den Code zu verändern. Die Hardware des Detektionsschaltkreises ändert sich dann automatisch – Das ist das Tolle an der Arbeit mit einem FPGA“, sagt Softwaresystemdesigner Roger Custers von VI Technologies.
Da der Algorithmus direkt in der Hardware agiert, kann das FPGA für die Quenchdetektion die Leistungsschutzschalter, welche den Strom zum Supraleiter unterbrechen und den Quench an der Quelle isolieren, innerhalb von 100 Mikrosekunden auslösen.
Ohne das Quenchsicherheitssystem könnte der Magnet nicht betrieben werden.
Dieser Magnet befindet sich noch im Bau und soll laut Planung Ende 2021 in Betrieb gehen. Das heißt, dass die genaue Quencherfassung noch abgestimmt wird. VI Technologies hat LabVIEW und SystemLink verwendet, um die Software inklusive des FPGA-Codes zu entwickeln. Die Software bietet Wissenschaftlern und Ingenieuren des HFML auch die Möglichkeit, um simulierte und zuvor aufgezeichnete Daten anstelle von echten Spannungssignalen zu verwenden, und somit die Bedingungen im Labor zu simulieren. Durch den Gebrauch von simulierten Hardwarekomponenten, inklusive des FPGAs, können die präzisen Algorithmen für die Quencherfassung verfeinert werden. Des Weiteren ermöglicht dies dem Team vom HFML, um Situationen im Labor zu wiederholen, die während der Entwicklung aufgetreten sind, einen genauen Blick darauf zu werfen und zu schauen, wie das FPGA hätte reagieren müssen.